Einkaufszentren, Bäder und andere Freizeiteinrichtungen ziehen neuen Verkehr an, der die Nachbarn durch Lärm belästigt. Es stellt sich die Frage, wann den Nachbarn ein Abwehranspruch zusteht.
I. Sachverhalt
Das Verwaltungsgericht Oldenburg hat mit Beschluss vom 22. September 2008 (4 B 337/08) einen Eilantrag abgelehnt, mit dem eine Bürgerin sich gegen die Baugenehmigung für ein Einkuafszentrum ("Schlosshöfe") gewandt hatte. Die Antragstellerin wollte die Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer von ihr erhobenen Klage und damit im Ergebnis einen Baustopp für das geplante Einkaufszentrum erreichen.
Die Baugenehmigung gestattet einem Investor die Herstellung eines innerstädtischen Einkaufszentrums mit einer Geschossfläche von insgesamt knapp 35.000 m² am westlichen Rand der Innenstadt in unmittelbarer Nähe des Schlosses. Die Antragstellerin ist Eigentümerin eines Wohnhauses, das an einer von Osten auf die Innenstadt zuführenden Straße liegt. Sie macht insbesondere geltend, dass bereits wegen der vorhandenen Lärmbelastung in der Straße die zulässigen Lärmgrenzwerte und die Schwelle zur Gesundheitsgefahr überschritten seien. Das Einkaufszentrum werde den Verkehr vor ihrem Grundstück zusätzlich unzumutbar verstärken. Der für das Vorhaben aufgestellte Bebauungsplan beachte dies nicht und sei deshalb unwirksam. Die Stadt gehe von einer viel zu geringen Zusatzbelastung für ihr Grundstück aus.
II. Die Gerichtsentscheidung
Ein Erfolg des Antrages setzt rechtlich voraus, daß durch das genehmigte Vorhaben und dessen Auswirkungen aller Voraussicht eigene Rechte der Antragstellerin verletzt werden.
Die Zurechenbarkeit der durch ein Neubauvorhaben ausgelösten Verkehrsbewegungen und deren Folgen für ein anderes Grundstück setzt u.a. voraus, dass
- noch keine Vermischung mit dem übrigen Verkehr erfolgt sei und
- der Beurteilungspegel der Verkehrsgeräusche für das betroffene Grundstück rechnerisch um mindestens 3 dB(A) erhöht werde.
Beides verneinte das Verwaltungsgericht für den vorliegenden Fall. So fehlte es an einem spezifischen Bezug des genehmigten Bauvorhabens zur Verkehrssituation im Bereich des Grundstücks der Antragstellerin als Anknüpfungspunkt für die Geltendmachung von Abwehrrechten.
Zudem sah das Gericht keine rechtlich bedeutsame Verknüpfung zwischen der Errichtung des Einkaufszentrums und Planungen für weitere Parkflächen in der Nähe des Grundstücks der Antragstellerin. Einwendungen gegen die Errichtung eines Parkhauses könnten nur im Verfahren über die Erteilung der dafür erforderlichen Baugenehmigung geltend gemacht werden.
Auch eine erhebliche Erhöhung des Schallpegels war in diesem Fall nicht gegegebn. Sofern die Immissionsgrenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung überschritten seien bzw. nach Verwirklichung des Vorhabens überschritten werden sollten, müsse einem solchen städtebaulichen Missstand möglicherweise auf andere Weise begegnet werden, etwa durch einen Lärmsanierungsplan; ein Abwehranspruch der Antragstellerin gegen das Einkaufszentrum ergebe sich hieraus jedoch nicht.
III. Konsequenzen
Ansprüche von Nachbarn gegen unzumutbaren Verkehrslärm erfordern eine sogrfältige Prüfung der Zuordnung der störenden Verkehrsströme zum Neubauprojekt und eine Schallprognose. Ein Abwehranspruch ist rechtlich nur eröffnet, wenn der Beurteilungspegel um mindestens 3 dB(A) erhöht wird.
Autor: Matthias Möller-Meinecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Verwaltungsrecht
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